Alpen, September 2005
die empfehlenswerten Strecken |
Infos zu den Unterkünften |
Ein eher verregneter Sommer und viel Arbeit haben dazu geführt, dass wir im Sommer 2005 nicht so richtig zum Motorrad fahren gekommen waren. Die Einladung zu einer Hochzeit Anfang September in Karlsruhe war Anlass zu dem Beschluss, von dort aus zu einer Motorradtour in den Süden aufzubrechen.
Als Ziel hatten wir das Piemont und die Oberitalienischen Seen auserkoren. Nicht zu weit weg, gutes Essen, abwechslungsreiche Landschaft und die Gastfreundschaft der Italiener waren Anlass genug. Leider entwickelte sich zu Beginn des Urlaubs ein Tiefdruckgebiet mit Regen und Wind über dem Westen Italiens. In den kommenden Tagen zog das Tief immer weiter Richtung Osten, also ging es doch nicht ins Piemont, sondern über den Schwarzwald in die Schweiz und dann bis in die Dolomiten. Von dort fuhren wir wieder zurück in die Heimat.
Karlsruhe - Schluchsee, ca. 250 km
Nach einer schönen Hochzeitsfeier und gemütlichem Frühstück im Stadthotel Ettlingen fuhren wir über die Autobahn und große Landstraßen bis Baden-Baden. Dann ging's auf die B 500, die Schwarzwaldhochstraße. Es war Sonntag und unglaublich viele Motorräder und Autos unterwegs. So richtig Freude kommt da nicht auf. Erst nachdem wir die B 500 bei Kniebis verlassen hatten, zeigte sich uns der Schwarzwald von seiner angenehmeren Seite. Auf kleinen, gut beschaffenen Straßen ging es über Bad Rippoldsau, Wolfach, Hausach, Gutach, Oberprechtal, Triberg, Vöhrenbach und Titisee-Neustadt bis zum Schluchsee. Der nette Anblick des Sees veranlasste uns, im gleichnamigen Ort eine Unterkunft zu suchen.
Schwarzwald | abseits der großen Landstraßen wunderschön, aber Sonntags immer recht voll |
Übernachtung | Hotel Haldenhof in Schluchsee das Hotel etwas spießig bis ältlich, das Zimmer war nichts besonderes, aber sauber und groß |
Schluchsee - Andermatt (CH), ca. 300 km
Bei Sonne verließen wir Deutschland über schöne kleine Landstäßchen (nicht die B 500, sondern die parallel verlaufende Strecke über Weilheim). Kurz vor der Grenze kam die Frage auf, ob man denn zur Einreise in die Schweiz einen Pass bräuchte. Wir wissen es immer noch nicht, denn bei keinem der 6 Grenzübertritte in den folgenden Tagen wollte irgendwer unsere Ausweise sehen. Ein Hoch auf Europa!
In der Schweiz ist das Tempo auf den Landstraßen auf maximal 80 km/h beschränkt. Berichte über hohe Strafen bei zu schnellem Fahren in der Schweiz haben uns veranlasst, diese Vorgabe recht exakt einzuhalten. Die ersten 100 km durch die deutschsprachige Schweiz führten uns durch viele Ortschaften und kurze Landstraßenabschnitte. Das exakte Beachten der Geschwindigkeit in Kombination mit dem Gezuckel bei 50 bzw. 80 km/h empfanden wir als sehr ermüdend und wenig erfreulich. Nachdem wir die größeren Straßen verlassen haben, änderte sich das.
Der erste Pass (Glaubenbergpass, 1550 m) bot schöne Panoramen und Fahrspaß auch unter 80 km/h. Dann wollten wir über den Grimselpass in Richtung Süden. Der Pass war aber wegen der Aufräumarbeiten nach dem großen Unwetter zwei Wochen zuvor noch gesperrt. Also disponierten wir um und fuhren über den Sustenpass in Richtung Westen. Die Strecke bietet hervorragenden Straßenbelag, tolle Einschnitte, kurze Tunnels und beeindruckende Panoramen, denn beiderseits des Passes, der bis auf 2224 m führt, befinden sich Berge, deren Gipfel über 3000 m bzw. 3400 m hoch sind. Nach der Abfahrt haben wir im Tal (das immerhin auf 1450 m liegt) in Andermatt ein Hotel gefunden.
Glaubenbergpass | tolle Auffahrt durch Wälder und Wiesen |
Sustenpass | Einfach genial! Beeindruckende Schluchten und Tunnels, sanfte Kurven und hohe Berge mit Gletschern im Hintergrund |
Übernachtung | Gasthaus Tell das Zimmer war okay, ein bisschen klein, das Bad sehr eng, aber dafür sauber; außerdem gab's eine Garage für die Motorräder. |
Andermatt (CH) - Ardez (CH), ca. 280 km
Am Morgen sah das Wetter freundlich aus, allerdings sagte der Wetterbericht Regen Westen voraus. Deswegen entschlossen wir uns, weiter in Richtung Südosten zu fahren. Das hieß: über den Gotthardpass auf die Südseite der Alpen. Schon auf halber Höhe waren wir voll in den Wolken, dann fing es an zu regnen, und wie es auf der Passhöhe aussieht, wissen wir nicht, denn es war maximal 150 m Sicht. Auf der Südseite des Passes regnete es zwar nicht mehr, aber es war kalt und unangenehm. Also fuhren wir über den nächsten Pass (Lukmanier oder Lucomagno) wieder nach Norden. Dort sahen wir die Sonne wieder und je weiter wir in Richtung Osten kamen, desto besser wurde das Wetter. Wir fuhren durch Graubünden (das Gebiet, aus dem das Bündener Fleisch herkommt - man sieht's an den vielen Fleischtrocknereien) über Chur und Davos und beendeten unsere Tour im Unterengadin etwas abseits der Landstraße in dem wunderschönen Dorf Ardez. Dort fanden wir außerdem die beste Unterkunft der gesamten Reise. Der Weg dahin führte über sehr sehens- und fahrenswerte Pässe, entlang satt grüner Wiesen mit unendlich vielen Kühen und durch akurat hergerichtete Schweizer Dörfer. Eine tolle Motorradgegend!
In Ardez wie in den umliegenden Orten spricht man außer Schweizerdeutsch auch Rätoromanisch (bzw. einen der vielen rätoromanischen Dialekte). Inschriften auf den Häusern geben einen Eindruck von der Sprache, die klingt wie ein Mischmasch aus Italienisch und Deutsch, aber man versteht irgendwie nichts. In den recht abgelegenen Dörfern hat sich auch ein typischer Baustil entwickelt, der uns beiden gut gefallen hat.
In dieser Umgebung, wo man in den vergangenen Jahren offensichtlich viel für die Renovierung der Orte getan hat, fanden wir ein Hotel, das eine besondere Erwähnung verdient. Von außen eher unscheinbar, entpuppte sich das "Hotel Alvetern" als stilvolles Haus mit einer exzellenten Küche. Hier hat die zweite Generation den Muff alter Zeiten verbannt. Im Restaurant mit Panoramafenstern geben kräftige Farben und abstrakte Kunstwerke lokaler Maler den Ton an. Der optische Eindruck wird vom guten Essen und den Weinen ergänzt. Auf der Karte findet sich ein gelungener Mix aus lokalen und internationalen Speisen und Getränken. So lernten wir an diesem Abend den "Epesses" kennen - einen schweizer Weißwein, frisch und spritzig wie ein Sauvignon Blanc.
Lenzerheidepass | Von Chur führt eine wunderschöne Straße südlich und dann wieder nordwestlich bis nach Davos. Nicht umsonst sind diese Strecken in Graubünden berühmt. |
Flüelapass | Liegt zwischen der Silvrettagruppe und den Rätischen Alpen und war Juttas "Lieblingspass" auf dieser Tour. Allerdings hätte die Straße hinter der Passhöhe eine Sanierung verdient ... |
Übernachtung | Hotel Alvetern tiptop, groß, frisch renoviert, großes Bad, ruhige Lage, sehr freundlich, mit Internetzugang (kostenlos), insgesamt nicht ganz billig, aber klasse |
Ardez (CH) - Eggen (I), ca. 300 km
Der Morgen in Ardez war wiederum sonnig und die Wettervorhersage ließ uns erneut in Richtung Osten starten. Also fuhren wir über den Ofenpass zum Umbrailpass, den wir im Vorfeld nicht so richtig als Pass identifiziert hatten. Dieser Pass wird aber intensiv in Erinnerung bleiben, denn zum Einen schraubte er sich auf 2505 m hoch. Und das nicht nur über Asphalt. Nein, auch einige Schotterpassagen ohne Leitplanken etc. waren dabei. So war die Auffahrt spannend und beeindruckend zugleich. Auf der Höhe befindet sich der Grenzübergang nach Italien und man hat einen wunderbaren Blick auf Gipfel und Gletscher. Von dort sieht man auch die Passhöhe des Stilfser Jochs - noch mal 250 m höher. Da die Wolken schon fast das Stilfser Joch berührten, zogen wir es vor, vom Umbrail aus nur den "unteren" Teil der Abfahrt in Richtung Osten zu befahren. Diese Straße führt in unendlich vielen Kehren in kürzester Zeit fast 1000 m ins Tal hinunter. Wir kurbelten uns talwärts, dann ging es durch kleine Tunnels und schlussendlich landeten wir im belebten Skiort Bormio. Hier gönnten wir uns erst mal eine Pause - mit einer "Latte Macchiato", die man nirgends so gut wie in der italienischen Schweiz und in Italien bekommt.
Die Pause lohnte sich, denn die dabei getankten Kräfte brauchten wir am nächsten Pass, dem Gavia-Pass. Bis auf 2621 m Höhe ging es hinauf in die typische karge Landschaft, die man oberhalb der Baumgrenze vorfindet. Steine und flacher Bewuchs am Boden in allen Kombinationen wechseln sich ab und zumindest Jutta ist von dieser Natur immer wieder hellauf begeistert. Der eigentliche "Hammer" war die Abfahrt in Richtung Süden. Die Kehren wurden extrem eng, die Strecke war extrem unübersichtlich und dazu war die Fahrbahn wellig und wies viele Beschädigungen auf. Neben der Straße ging es ohne Leitplanken teilweise beängstigend steil in die Tiefe. Wir beide waren froh, dass uns während der gesamten Abfahrt nur zwei Autos auf geraden Teilstücken entgegen kamen. Es gab Streckenabschnitte, an denen zwei Motorräder Mühe gehabt hätten, aneinander vorbei zu fahren. Wir beobachteten einen Harley-Fahrer, der kurz vor dem Gipfel sein Motorrad entnervt abstellte und mit fragendem Blick nach oben schaute ... Aber wenn man den Pass hinter sich hat, war's doch eine tolle Erfahrung, denn die Abfahrt werden wir so schnell nicht vergessen.
Nun folgte eine gemütliche Fahrt über den Passo di Tonnale, das Val Vermiglio, Fondo und den schönen Mendelpass (einer von Alberts Lieblingspässen) zum Kalterer See, vorbei an unzähligen Obstbäumen und entlang des Seeufers über Auer bis nach Cavalese. Hier tummelten sich reichlich Urlauber auch mit Autos und Wohnwagen, denn nun waren wir mitten in Südtirol, wo es ja nicht nur Motorradfahrer hinzieht. Der letzte Pass des Tages sollte der Passo di Lavazé sein. Am Ende der Straße befindet sich das Hotel Mondschein, das wir schon von der letzten Dolomitentour her kannten. Das Haus war ausgebucht, aber die Chefin hat uns ein Zimmer in einer benachbarten Pension besorgt, der Chef des Mondschein holte uns zum Essen ab und brachte uns auch wieder zurück. Perfekter Service für Motorradfahrer.
Umbrailpass | enger Pass mit Schotterpassagen, aber geniales Hochplateau - die Passhöhe ist die Grenze zu Italien |
Stilfser Joch | Wir sind vom Umbrailpass nur die Abfahrt nach Westen gefahren. Kehren über Kehren - genial |
Gaviapass | mit 2618 m der höchste Pass dieses Urlaubs - und der anspruchsvollste zugleich. Stellenweise so eng, dass man inständig hofft, dass kein Fahrzeug (auch kein Motorrad) entgegenkommt, denn die Schluchten, die sich neben der Straße auftun, sind beeindruckend tief ... |
Übernachtung | Hotel Mondschein
Das schmackhafte 4-Gänge-Menü war Preis mit drin. Ein Hotel, in dem es sich NUR ums Motorradfahren dreht. Sehr guter Service. |
Eggen (I) - Sillian (A), ca. 290 km
Der nächste Tag führte uns zum östlichsten Punkt der Reise durch die Dolomiten und bescherte wieder viele Pässe und Täler. Am Karerpass war es (wahrscheinlich wegen der Nähe zu Meran und Bozen) noch recht voll, dann wurde es deutlich leerer. Die Tour über den Passo di San Pellegrino, Passo Valles, Passo di Rolle, den Passo di Cereda und den Passo Duran zeichnet sich durch enge Dorfdurchfahrten, viele Waldpassagen und schöne Städtchen oder Dörfchen mit einem herausgeputzen "Centro Storico" aus. Der "Pass des Tages" war der Passo Cibiana. Dann entschieden wir uns, über Auronzo, Comelico und den Kreuzbergpass durch Sexten und das überlaufene San Candido nach Sillian in Österreich zu fahren. Dort haben wir unsere Paragliding-Ausbildung gemacht und wussten, dass der Vermieter unseres Appartments ein schickes, neues Hotel gebaut hatte. Es gab noch ein Zimmer für uns - und das war wie erwartet "erste Sahne". Sehr zu empfehlen!
Passo San Pellegrino | breite, waldreiche Strecke und sanfte Kurven |
Passo Valles | hoch, gigantisches Panorama an der Höhe auf Gletscher und 3000er Gipfel |
Passo di Cibiana | eng und romantisch, wenig befahren, Wälder und Wiesen und sanfte Kurven |
Übernachtung | Hotel-Pension Perfler Topmodernes Zimmer, Ausstattung vom Feinsten, geniales Bad, cooles Design, hell und ruhig, Tiefgarage für die Motorräder, große Sauna, und sehr nette Menschen |
Sillian (A) - Kochel (D), ca. 350 km
Da für die kommenden Tage Regen in Österreich und Deutschland angesagt war, beschlossen wir, die Heimreise anzutreten. Das hieß, den Weg in Richtung Norden einzuschlagen, nicht ohne noch ein paar landschaftlich reizvolle Passagen zu durchfahren. Erstmal ging es die immer volle N 100 (A) bzw. N 48 (I) entlang bis Welsberg. Dann bogen wir ab in Richtung Norden in das ruhige Valle d'Anteselva, um über den Staller Sattel wieder nach Österreich zu fahren. Dieser Pass ist zwar nicht sonderlich hoch, aber so eng, dass er immer nur von einer Seite aus befahren werden darf. In Süd-Nord-Richtung ist die Durchfahrt immer zwischen xx:30 Uhr und xx:45 Uhr offen; in der Nord-Süd-Richtung zwischen xx:00 Uhr und xx:15 Uhr. Die Auffahrt selber ist ganz nett, aber nichts besonderes.
In Österreich gibt es nur wenige Möglichkeiten, die Heimreise auf halbwegs direktem Wege ohne die Benutzung der viel befahrenen Landstraßen zu bewerkstelligen. Wir haben einen ganz brauchbaren Kompromiss gefunden. Unsere Route führte bis Huben, dann über Mittersil und Zell am Ziller bis zum Achensee. Als kleines "Schmankerl" entpuppte sich der Gerolspass zwischen Mittersil und Zell. Von hier aus kann man die recht eindrucksvollen Krimmler Wasserfälle beobachten. Der Pass ist schnell zu befahren auf gut ausgebauter Straße, aber man muss eine Maut bezahlen (4 Euro pro Motorrad). Die ersten Meter in Deutschland fuhren wir auf einer kleinen Straße rund um den Walchensee - sehr empfehlenswert, aber ebenfalls mautpflichtig. Die letzten Kurven des Tages bescherte uns der Jochberg, der nach Kochel am See führt. Hier scheint regelmäßig der Treffpunkt der ortsansässigen Motorradfahrer zu sein - die vielen Schilder und die kontrollierenden Polizisten ließen das vermuten ...
Gerolspass / Krimmler Wasserfälle | Mautpflichtiger Pass mit runden Kurven und beeindruckender Sicht auf die Krimmler Wasserfälle |
Walchensee | romantischer Weg rund um den See, auch mautpflichtig, aber im Sommer als Badesee betimmt klasse, mit vielen netten Plätzchen |
Übernachtung | Landhotel Herzogstand Etwas in die Jahre gekommener Landgasthof, sauber, neu renoviertes Bad, enges Zimmer, recht laut, obwohl nicht unmittelbar an der Straße, anständiges Frühstück, unflexibler Service und für die Leistung zu teuer. |
Kochel (D) - Alfter, ca. 650 km
Morgens war die Luft bereits sehr feucht, und es war klar: wir würden dem Regen nicht entkommen. Aber wir hatten Glück, denn von den 8 Stunden, die wir für die gesamte Strecke von Bad Tölz bis Alfter benötigten, hat es nur 2 Stunden geregnet. Auch hatten wir nur zwei "richtige" Staus.
Fazit
Ein paar Dinge haben wir gelernt:
- Die Schweiz ist teuer, aber ein wunderschönes Motorradfahrerland. Und wenn man die kleinen
Routen wählt, sind die vorgeschriebenen 80 km/h gar nicht mehr so schlimm...
- Wir waren gut beraten, für unsere Tour ins Piemont und an die Oberitalienischen Seen auch
die Landkarten für die Schweiz und die Dolomiten einzupacken. So kamen wir zwar nicht in den
Genuss der kulinarischen Highlights des Piemonts, hatten aber ein paar schöne
Motorradtage auf trockenen Straßen - und dadrum ging's ja letztendlich.
- "Alpen" nehmen wir immer wieder gerne!
Und hier noch die Tour in großer Auflösung